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Papierbestände
Frauenhaus St. Gallen
Signatur AFGO.025
Entstehungszeitraum 1979 - 2010
Umfang 7.2 m
Provenienz Frauenhaus St. Gallen
Subprovenienz 1: Dachorganisation Frauenhäuser Schweiz (DAO)
Verwaltungsgeschichte/Biografische Angaben

Das Frauenhaus St. Gallen bietet gewaltbetroffenen Frauen und ihren Kindern einen Zufluchtsort. Die Frauen und Kinder wohnen gemeinsam in einem Haus mit 20 Betten und werden von einem interdisziplinären Team aus Fachpersonen begleitet und unterstützt. Das Frauenhaus bietet rund um die Uhr telefonische Beratung und Information an. Die Semkyi Übergangswohnung bietet begleitetes Wohnen für nicht mehr akut gefährdete Klientinnen des Frauenhauses an.

Die Trägerschaft des Frauenhauses ist die Stiftung Frauenhaus SG, die 1982 gegründet wurde. Sie besteht aus 8 Personen aus politischen Parteien, den Landeskirchen, der Frauenzentrale sowie dem Kanton A.Rh. Die Stiftung leistet Präventions-, Informations- und Weiterbildungsarbeit für die Öffentlichkeit.

Chronologischer Überblick:
1976 gründeten einige Frauen im Kontext der Frauenbefreiungsbewegung die Arbeitsgruppe Gewalt gegen Frauen. Auch in anderen Schweizer Städten entstanden autonome Frauengruppen. 1979 eröffnete die Beratungsstelle für misshandelte Frauen an der Löwengasse eine erste kleine Notwohnung. Ein Jahr später wurde der "Verein zum Schutz misshandelter Frauen" gegründet (ab 1986: "Verein zum Schutz misshandelter Frauen und deren Kinder"), und das Frauenhaus St. Gallen wurde als drittes Frauenhaus der Schweiz eröffnet. 1981 mieteten die Frauen aufgrund des grossen Andrangs ein Haus an der Tulpenstrasse.

1982 wurde eine Stiftung zur Finanzbeschaffung gegründet und mit dem Aufbau eines Kinderbereichs begonnen. Die Finanzlage blieb aber prekär, die Mitarbeiterinnen leisteten viel Gratisarbeit. 1989 konnte eine stabilere Finanzlage erreicht werden, aber noch keine definitive finanzielle Lösung. Ausserdem entstand die Projektgruppe Nottelefon und eine Aussenwohnung als Übergangsmöglichkeit. 1991 kam es zu internen Konflikten. Im Jahr des Frauenstreiks arbeiteten die Frauen eine Finanzvereinbarung mit dem Kanton St. Gallen aus. Ab dem folgenden Jahr konnten 95% der Kosten durch diese Finanzvereinbarung gedeckt werden, der Rest durch Spenden.

1994 delegierte das Frauenhaus die Beratungsarbeit an die Opferberatungsstelle St. Gallen. Im Jahr darauf wurde das Frauenhaus vorübergehend geschlossen und das Konzept überdacht, aufgrund von zwei Mordversuchen von Ehemännern an schutzsuchenden Frauen. Dies führte auch zu einer intensiveren Zusammenarbeit mit der Polizei.

1997 übernahm Dorothea Boesch-Pankow das Amt als Präsidentin des Stiftungsrates von Erika Forster-Vannini. Im selben Jahr wurde das neue Frauenhaus eingerichtet. 1998 sicherte das neue Sozialhilfegesetz die Finanzierung der Aufenthalte von schutzsuchenden Frauen und Kindern. Die Mitarbeiterinnen des Frauenhauses führten Weiterbildungen für die Polizei durch.

2001 übernahm die Stellenleiterin Elisabeth Bossart neu die operative Führung, die strategische Leitung lag weiterhin beim Stiftungsrat. 2005 wurde die Beratungsstelle des Frauenhauses in die Stiftung Opferhilfe integriert.

Zum 30-Jahr-Jubiläum 2010 organisierte das Frauenhaus eine Plakatausstellung. Ab 2013 intensivierte sich die Zusammenarbeit mit dem Kanton und dem Amt für Soziales. 2015 übernahm Silvia Vetsch die Geschäftsleitung von Elisabeth Bossart. Die Revision des Sozialhilfegesetzes verbesserte 2018 die Finanzlage. In diesem Jahr wurde die begleitete Übergangswohnung Semkyi eröffnet. 2019 empfahl die SODK (Schweizerische Konferenz der kantonalen Sozialdirektorinnen und -direktoren) die Verlängerung der Soforthilfe von 21 auf 35 Tage.

2020 führte das Frauenhaus zum 40-Jahr-Jubiläum zahlreiche Aktivitäten durch.

Bestandsgeschichte Die Unterlagen des Frauenhauses St. Gallen wurden dem Archiv für Frauen-, Geschlechter- und Sozialgeschichte im November 2000 von Judith Schläpfer übergeben.
Form und Inhalt Der Bestand enthält Statuten, Protokolle, Jahresberichte, Korrespondenz, Rechnungswesen (Finanzgesuche, Finanzpläne, Budgets) des Vereins (bis 1996) und der Stiftung Frauenhaus, Statistiken, Politische Vorstösse, Unterlagen der Betriebskommission, Betriebsunterlagen, Unterlagen Beratungsstelle Frauenhaus, Presseberichte, Fotos; Unterlagen Projekt Gewalt.Los; Dachorganisation der Frauenhäuser: Protokolle, Korrespondenz, Unterlagen Arbeitsgruppen und Projekte. Der Bestand enthält Unterlagen der Jahre 1979-2010 in 31 Archivschachteln.
Neuzugänge Nachlieferungen erfolgten im März 2001, September 2011, Oktober 2014, März/August 2018 sowie Dezember 2021. Es werden weitere Nachlieferungen erwartet.
Zugangsbestimmungen Der Bestand ist im Archiv für Frauen-, Geschlechter- und Sozialgeschichte Ostschweiz einsehbar. Klient/innen-Dossiers, die unter Persönlichkeitsschutz stehen, können mit besonderer Bewilligung eingesehen werden.
Sprache/Schrift Deutsch
Bearbeiter:in und Zeitraum der Verzeichnung Christina Nanz, 20.06.2023
Verzeichnisgrundsätze

Die Verzeichnung folgt dem internationalen Archivstandard ISAD(G).